weißer Tee Nr. 110

Der Kenner und Liebhaber wird natürlich jeden Tag auf erstklassige Qualität beim Tee achten. Das Leben ist zu kurz und vor allem zu einzig, um schlechten Tee zu trinken. Aber es gibt Stimmungen, in denen möchte man einen Tee von außergewöhnlicher Delikatesse, einen, der schon das Auge entzückt, danach die Nase betört, den Gaumen begeistert, die Seele erquickt. Das sind sozusagen die Sonntags-Tees – egal, ob man solche Klasse am Mittwoch oder tatsächlich an einem Feiertag trinkt.

Die große Frage ist nur: welche Sorte wählt man und wo bekommt man die? Da wird es dienlich sein, einen professionellen Tea-Taster um Rat zu fragen. Und umso besser, wenn der Rainer Schmidt heißt, denn der ist ein Gerechter des Tees, kompetent und ehrlich. Der Meister beschreibt seine Rarität wie folgt: „Frisch, duftet blumig und ist ein idealer Tee zum Nebenbeitrinken – nicht unbedingt dominant im Geschmack, dafür aber leicht und bekömmlich. Eigentlich ein typischer Wellness-Tee.“

Wie wahr, noch bevor das heiße Wasser auf diesen Tee trifft, steigt ein feiner Duft von zarter floraler Süße hoch. Das Auge hat sich bereits an den silbrig schimmernden Nadeln erfreut, die später in der Kanne zu Blättern aufgehen. Der Tee schimmert in hellem Bernstein – legt man ihn stark an, kommt ein sanfter Schimmer wie Kastanienrot hinzu. Die Aromen sind reich und komplex mit Noten à la Süßholz, getrockneten gelben Früchten, etwas weißer Mandel, Orangenblüten und ein bißchen Vanille nebst einem ganz sanften Rauchton, wie er entsteht, wenn die Blätter an Feuer getrocknet werden. Der Geschmack ist ziseliert, geprägt durch seidige Finesse und eine zarte Fruchtsüße, vergleichbar einer Riesling-Auslese von der Mosel. Der Tee bittert nicht, auch nicht nach längerer Zeit in der Kanne.

Rainer Schmidt empfiehlt, den Tee – ein gehäufter Teelöffel pro Tasse reicht – mit abgekochtem Wasser, das einige Minuten stand und noch eine Temperatur um die 75 Grad Celsius aufweist, aufzugießen und danach zu warten, bis die Blattspitzen auf den Boden der Tasse oder des Siebes gesunken sind. Nach etwa fünf bis acht Minuten ist der Tee genußbereit.